Registriert: 01.02.2006, 23:49 Beiträge: 9 Wohnort: Berlin
Markus Neidhardt fertigt Repliken z.B. aus dem Mittelalter mit dem sogenannten Wachsausschmelzungsverfahren - eine traditionelle und sehr aufwändige historische Handarbeit - mit seiner freundlichen Erlaubnis hier die anschaulich dargestellte Technik für Gussformen.
Herstellungsverfahren
Mein Schmuck sieht nicht nur authentisch aus, er wird auch in der traditionellen und sehr aufwändigen historischen Technik in der „verlorenen Form“ in meiner eigenen Werkstatt von Hand hergestellt.
1. Basis des Gußstückes ist dabei eine Vorlage in Wachs, die entweder komplett in Handarbeit modelliert oder als Rohling in speziellen Formen hergestellt und nachgearbeitet wird. Fingerringe erhalten schon im Wachsmodell ihre endgültige Größe. Die spätere Metallschrumpfung muß dabei berücksichtigt werden.
2. Das Wachsmodell wird in eine feuerfeste, aus gebranntem Kalk und äußerst fein zerriebener Keramik bestehende, flüssige Masse eingegossen. Diese härtet dann wie Gips rund um das Wachsmodell aus.
3. Über Nacht wird die Form bei Temperaturen um die 800 Grad gebrannt. Dabei schmilzt das Wachs aus der Form und hinterläßt einen Negativabdruck in der Masse.
4. In diesen Hohlraum wird dann das flüssige Metall gegossen. Es erfordert eine Menge Erfahrung, um das unterschiedliche Schmelz- und Gußverhalten der Metalle und deren Temperatur auf die Form und Größe der zu gießenden Stücke abzustimmen.
5. Nach dem Auskühlen wird die Form zerschlagen, daher der Name 'verlorene Form'. In jede kann nur einmal gegossen werden, dann ist sie für immer zerstört.
6. Die meiste Arbeit ist jedoch die Nacharbeitung. Nachdem die letzten Kalkrückstände mit einer Bürste entfernt sind, muß die verbrannte Oxidschicht der Buntmetalle heruntergeschliffen werden. Reste des Angusses und Hilfsgußstifte werden entfernt und abgeschliffen. Die Stücke werden dann glänzend poliert, erhalten gegebenenfalls eine Patina, um die Formen schöner heraustreten zu lassen und kommen dann zur Endmontage. Fibeln erhalten authentische und funktionstüchtige Nadeln wie an jenem Tage, an dem sie zum ersten Mal die Werkstatt ihres Schöpfers vor vielen Jahrhunderten verlassen haben.
Diese aufwändige Technik ist in keiner Weise mit modernen Druckguß- oder Prägetechniken zu vergleichen. Unser Schmuck mag etwas teurer sein, aber dafür wird ein kleines Stück Geschichte wieder lebendig und greifbar. Kleine Unregelmäßigkeiten, die aufgrund der Originalvorlage oder durch den Guß von Hand entstehen, sind dabei durchaus ein Qualitätsmerkmal.
da wir in dem Betrieb in dem ich meine Ausbildung mache, unter anderem auch im Wachsausschmelzverfahren gießen werde ich hier demnächst mal eine schöne Anleitung mit Fotos einstellen. In einer anderen werde ich dann zeigen wie man die Gummi- Matrizen / Silikon- Formen herstellt. Ich denke auch dieses ist im Zusammenhang mit Guß und Goldschmiedetechniken bzw. Gusstechniken eine spannende Sache.
Aus den zahlreichen Schmuckstücken die wir uns ausgedacht und auf Papier festgehalten haben, wählen wir jenes aus, dass geschaffen werden soll. In diesem Fall ein Ring. Die 1. Phase ist zugleich die langwierigste, aber auch die wichtigste: Der Modellist gibt einem simplen Stück Wachs mittels verschiedenen Werkzeugen und Techniken die gewünschte Form des zu schaffenden Modells. Ist das Modell fertiggestellt, an das man noch einen Stift Wachs anbringt, wird es an eine mit Wachs überzogene Stütze aus Metall geschweißt. Dieser Vorgang wird für eine Anzahl an Objekten wiederholt, wobei jedes einzelne an die wachsüberzogenen Stütze angebracht wird. Nach und nach entsteht eine Traube aus Wachsmodellen. Einmal fertiggestellt, wird die Traube in eine runde Form aus Gummi eingesetzt um halt von unten zu gewähren.
Über die fertige Traube aus Wachsmodellen wird nun ein Zylinder aus Stahl gestülpt. Dieser wird so lange mit flüssigem Gips gefüllt, bis alle Teilchen aus Wachs komplett bedeckt sind. Anschließend werden unter Vakuum alle Luftbläschen eliminiert. Ist einmal die Gipsmasse erstarrt, entfernen wir den Untersatz aus Gummi und die Metallstütze aus dem Inneren. Der Stahlzylinder mit dem erhärteten Gips und den Wachsteilchen wird nun über Nacht bei über 700°C im Ofen aufbewahrt: Durch die immense Hitze schmilzt das Wachs und läuft aus dem Loch an der Unterseite aus. Als Resultat erhalten wir den Abdruck unserer Modelle in der nun holen Gipsform.
Der Zylinder wird nun hinter einem Schmelztiegel angebracht, in dem das Gold bei über 1000°C geschmolzen wird. Sobald sich das Edelmetall komplett verflüssigt hat, lösen wir den Schleudermechanismus der Zentrifuge aus: Das feuerrote Gold wird über ein Loch am hinteren Teil des Schmelztiegels in den Zylinder geschleudert. In weniger als einer Sekunde verteilt sich das flüssige Gold in den Holräumen des Gipsabdruckes. Ist das Edelmetall ausreichend abgekühlt, können wir den Zylinder von der Zentrifuge abnehmen.
Der Zylinder wird in Wasser getaucht um die größtmögliche Menge an Gips von der erstarrten Traube aus Goldmodellen zu entfernen. Die Traube wird im Anschluss in kochend heißes Wasser gegeben und hierin mit Ultraschall behandelt um jegliche Gipsreste zu entfernen. Sobald die Traube trocken ist, können wir mit der Trennung der einzelnen Teilchen beginnen.
zu dem ausschmelzverfahren hätte nur eine frage, welcher gips lässt sich so hoch brennen und wo kriege sowas her, um nachher in der form bronze zu gießen, oder welches material wird bei replik.de als abformmasse verwendet
Registriert: 05.12.2005, 21:39 Beiträge: 3083 Wohnort: München
Das Seminar hier ist zwar eher für fortgeschrittene Schmuck-Giesser gedacht, aber Du kannst Dir den Text komplett runterladen und schon einmal zur Einführung durchlesen.
http://schmuckguss.butschal.de/s.htm
Hallo, soeben in den Weiten des Webs entdeckt - ein Film über das Gießen von Anstecknadeln, zwar aus Zinn, aber vielleicht für diejenigen interessant, die mit der Gießerei nichts am Hut haben, und schon immer sehen wollten, wie's funktioniert...
Hallo Nugget,
Danke für deinen vorzüglichen Beitrag. Mich würde interessieren, ob die Küvette beim Ausgiesen noch die hohe Temperatur haben muss. Oder wie tief muss die Temperatur bei z.B. dem gezeigten Baum absinken?
Kann ich eine ausgeglühte Form noch mehrere Tage abgekühlt lagern und dann erst benutzen?
Registriert: 05.12.2005, 21:39 Beiträge: 3083 Wohnort: München
acki hat geschrieben:
Hallo Nugget, Danke für deinen vorzüglichen Beitrag. Mich würde interessieren, ob die Küvette beim Ausgiesen noch die hohe Temperatur haben muss. Oder wie tief muss die Temperatur bei z.B. dem gezeigten Baum absinken? Kann ich eine ausgeglühte Form noch mehrere Tage abgekühlt lagern und dann erst benutzen?
Danke und weiter so...
Grüße acki
Man kann die Schritte natürlich stoppen, also eine Gips-Kristobalitform auch länger lagern bevor man sie ausbrennt oder die augebrannte Form abkühlen und dann lagern bevor sie ausgegossen wird. Natürlich muss man sie dann vor dem Guß auch wieder auf die richtige Temperatur bringen.
Jetzt stellt sich für mich noch die Frage:
Kann man das Ganze auch ohne Brennofen machen? Denn den besitze ich leider nicht. Würde aber gerne auch mal giessen!!!!!!!!!!
LG Chantal
_________________ Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen
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