silberpunze hat geschrieben:Mein erster Versuch sah so aus, dass ich eine Schale mit Wasser genommen habe und eine kleine Solarzelle mit zwei Löffeln in diesem Wasserbad verbunden habe. Es stiegen Bläschen auf und am Ende schamm Metallpulver im Wasser.
Habe jedoch noch nicht herausgefunden, welchen Feingehalt dieses Pulver hatte.
Die Idee mit dem Abschleifen hatte ich auch schon gehabt - das muss ich irgendwann mal ausprobieren.
Obwohl ich Tilo absolut recht geben muss und in einer Wohnung haben die ganzen Chemikalien auch nichts zu suchen, bist du hier auf ein sehr interessantes und wenig bekanntes Verfahren gestoßen (jedenfalls wenig bekannt in Verbindung mit dem strippen von Versilberung). Es handelt sich dabei um anodische Oxidation und wir nennen es die tap water cell. Wurde lange diskutiert und spekuliert, dann habe ich mal anhand einer 70 Jahre alten Untersuchung die Funktion wohl weitgehend entschlüsseln können (keine Garantie auf Richtigkeit, aber es ist plausibel und mir hat bis jetzt auch noch kein Chemiker oder Hydrometallurge widersprochen):
Zunächst einmal hast du Leitungswasser genommen, welches geringe Mengen NaCl, Kochsalz enthält. Dieses wird sogleich in NaOH und nascierendes Chlor gespalten. Letzteres bildet nun kurze Zeit weiße Wolken von AgCl, bis alles Chlor gebunden ist. Nun ist der Elektrolyt basisch geworden, typischerweise pH9 und damit auch besser elektrisch leitend, als Leitungswasser. Nun oxidiert der an der Anode entstehende Sauerstoff das Silber zu Silberoxiden und Silberhydroxiden, hauptsächlich aber Ag2O als schwarzbraune Pampe, die abfällt und umherschwimmt. An der Kathode entsteht nascierender Wasserstoff.
Das setzt sich so fort, bis die unterliegenden Metalle freiliegen und dann auch anodisch oxidiert werden.
Soweit klingt es gut. Problem ist, dass die Anode ein Löffel ist und kleine flache Platte. Nun werden die Areale, die der Kathode am nächsten liegen stärker angegriffen, als solche ein einen Zentimeter weiter weg liegen. Du könntest zwar beibleiben, bis der ganze Löffel zu Pampe geworden ist, aber dann könntest du den Löffel auch gleich einschmelzen oder in Säure auflösen, was natürlich beides Müll ist.
Mit anderen Worten, du bekommst das Meiste runter, besonders, wenn du den Löffel vorher platt machst, aber erstens nicht alles und zweitens ist es stark verunreinigt und so sicher nicht ohne Weiteres gut schmelzbar. Ag2O verwandelt sich zwar durch bloßes erhitzen in metallisches silber, aber Kupfer-, Zink, und vermutlich auch Nickeloxide würden den Schmelzvorgang stören. Mit dem richtigen, vor allem reduzierenden flux sicherlich machbar, aber damit kenne ich mich zu wenig aus.
Wer allerdings Labor und Sachkenntnis hat, kann den Anodenschlamm leicht raffinieren. Zunächst das Ag2O thermisch zersetzen, dann ggf. AgCl reduzieren und die unedlen Metalle mit passender Säure auswaschen. Da führen viele Wege zum Ziel und jeder hat seine Nachteile. Zurück bleibt Silberpulver, dass allerdings nochmal auf die bervorzugte Weise raffiniert werden muss, ob durch Chloridfällung oder Silbernitratzelle ist dabei egal. Beide bringen nur dann Feinsilber raus, wenn man sehr exakt arbeitet, was wiederum eine erhebliche Einarbeitung in die Materie bedeutet.
Das schöne an dieser Methode ist jedoch, dass der Elektrolyt niemals schlecht werden und immer wieder verwendet werden kann und im ersten Schritt nur unlösliche Metalloxide anfallen, die man vermutlich sogar so, wie sie sind, an die Scheideanstalt schicken könnte, wenn diese solche in so kleinen Mengen denn nimmt. Davon abgesehen wäre das Ganze in dem Moment schon nicht mehr ohne Weiteres erlaubt, sobald es gewerbliche Formen annimmt.
Unterm Strich ist auch diese Methode ebenso wie Abschleifen (unter Wasser mit nem Dremel geht ganz gut) ziemlich unwirtschaftlich.
Und ja, es gibt billige einfache Verfahren, deswegen kaufen Scheideanstalten den Kram ja auch. Aber die beinhalten entweder extrem gefährliche Chemiekalien, die du nichtmal in Menge kaufen wolltest, wenn du es dürftest oder setzen voraus, dass du eine große Kupferaffinierie wie Aurubis bist