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Waldquelle
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Verfasst: 28.10.2021, 15:32 |
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Hallo Leute, ich bin das erste Mal hier und habe ein paar spezielle Fragen zu Testverfahren über die Qualität von Golddraht. Ich bin seit relativ kurzer Zeit Mitarbeiter in einem kleinen Betrieb, der seit mehreren Generationen Schmuckketten produziert. Der gesamte Prozess vom Bruchgold, Scheiderei, Legierung über die Drahtherstellung bis zur Produktion der Gold- und Silberketten, erfolgt im eigenen Haus.
Gewisse Arbeitstechniken wurden teils mündlich, teils notdürftig handschriftlich von einem zum nächsten Mitarbeiter weitergegeben. Leider ist dabei viel Wissen verloren gegangen, was zwangsläufig zu Problemen führt. Unsere dünnsten Drähte haben 0,25mm! Für den reibungslosen Lauf in den alten Kettenautomaten, spielen die Härte, Reißfestigkeit, sowie die Oberflächenbeschaffenheit eine große Rolle. Meine Aufgabe ist es nun technische Apparaturen und/oder Messverfahren zu finden, welche uns Daten über die oben genannten Werte geben, die sich dokumentieren und vergleichen lassen. Da ich weder Goldschmied, noch Metallurge, sondern Maschinenbauer bin, versuche ich hier im Forum Antworten zu finden.
ZB. möchten wir die Härte nach dem Guss, sowie den jeweiligen Walz- und Ziehvorgängen erfassen, damit wir uns nahe an die maximal empfohlenen Materialreduktion (zwischen 50 u. 70%) vor dem Weichglühen herantasten können. Ich suche also nach einem leistbaren Härteprüfer, der für diese weichen Materialien geeignet ist und möglichst kleine Materialstärken erfassen kann. Ist es realistisch bei einen 1mm dicken Golddraht die Härte zu messen und wenn nicht, welche Stärke wäre mindestens notwendig? Gibt es Geräte die jemand empfehlen kann?
Was auch interessant wäre ist die Zug- Reißfestigkeit. Wir haben uns ein Gerät anbieten lassen, welches in der Basisausstattung €19.000,- kosten würde, was weit über das zur Verfügung stehende Budget hinausgeht. Hat jemand Erfahrung mit leistbaren Kraftmessgeräten um die 1.000 – 2.000,-, oder hat eine andere Idee dazu?
Freue mich über jede hilfreiche Meldung!
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Verfasst: 28.10.2021, 15:32 |
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Heinrich Butschal
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Verfasst: 28.10.2021, 15:50 |
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Registriert: 05.12.2005, 21:39 Beiträge: 3083 Wohnort: München
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Aus meiner Goldschmiedepraxis weiß ich, dass die Härte nicht das entscheidende Kriterium zum Beurteilen der Zieh- und Walzbarkeit ist. Kleinkörnige Legierungen sind da besser geeignet als grobkörnige und schwierig zu messen ist die Haftfähigkeit der Kornoberflächen aneinander, die ist aber auch ein wichtiger Faktor. Zudem steigt die maximale Walz- Ziehfähigkeit wenn so schnell nacheinander bearbeitet wird, dass das Objekt warm wird und dazwischen nicht abkühlt. Dann muss man viel seltener zwischen Glühen, um Rekristallisation zu erreichen. Der Verlust an Know how wird wohl auch daran liegen, dass die Einflussfaktoren nicht wissenschaftlich erfasst sind und vieles nur auf schwer vermittelbarer Erfahrung beruht. Ich würde damit anfangen selbst Prozessbeschreibungen vom Guss beginnend, anzufertigen und diese mit Bildern von angeätzten Kristallstrukturen anzureichern. Vielleicht lassen sich dadurch wissenschaftlich verifizierbare Auswertungen und Rückschlüsse erkennen. Kann ein interessantes Projekt werden.
_________________ von: Heinrich Butschal -- Gutachter für Schmuck, Edelsteine, Diamanten und Perlen http://gutachten.butschal.deSchmuck gut verkaufen und günstig kaufen http://www.schmuck-boerse.comGeschichten berühmter Juwelen http://www.royal-magazin.deSiegelringe nach Maß anfertigen http://www.meister-atelier.deFirmengeschenke und Ehrennadeln http://www.goldschmiede-meister.com
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Tilo
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Verfasst: 28.10.2021, 16:36 |
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Registriert: 12.10.2006, 12:00 Beiträge: 3003 Wohnort: Raum Leipzig
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interessant: sogar Scheiden im kettenherstellenden Betrieb?
und dann mit Lotseele in den Drähten? sehr spannend welche Sorten Ketten fertigt ihr? auch Panzer mit z.B. 2,5mm Drahtstärke und dann stark abgeschliffen, flach oder 6eckig?
was meint 50...70%? ich forme normal immer ca 100% um vor dem Zwischenglühen 100% meint natürlich nicht halben Durchmesser, sondern verdoppelte Länge beim Draht
aber eigentlich sollte in so langer Tradition doch irgendwelche nachvollziehbare und reproduzierbare Prozesskriterien herausgeabreitet und dokumentiert worden sein? echt nicht gemacht worden?
also Legierungen und Umformgrade kann sich doch niemand alles merken und niemand lebt ewig schlimmer noch; ein Wissender kann ja mal unerwartet weit vor der zeit ausfallen
ich habe vor 30 jahren mal etliche meter Ankerkettchen in Handarbeit hergestellt und wir haben jede Verbesserung der Methode (z.B. technik Ösen-Wickeln mittels Poliertrommelmotor, das Aufsägen mittels Hilfskonstruktion, genaue Riegelgröße usw) aufgeschrieben
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Waldquelle
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Verfasst: 03.11.2021, 16:16 |
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Gast |
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Vielen Dank für die raschen und interessanten Antworten! @Heinrich Butschal Wie schon oben beschrieben, geht es um das ermitteln des bestmöglichen Zeitpunktes für den Glühvorgang, nach größtmöglicher Reduktion. Dass diese in der veränderten Länge des Drahtes gemessen wird, habe ich mittlerweile aus dem Forum erfahren, danke, ich ging erst auch vom Durchmesser aus. Vielleicht ist dieser Ansatz mit der Härtemessung langfristig gar nicht sinnvoll, aber mangels eindeutiger Dokumentation und eigener Erfahrung, dachte ich in diese Richtung. Vor allem weil wir auch vom Legierungshersteller Härteangaben nach Guss und Reduktion vorliegen haben, die ich gerne verifiziert hätte. Bisher also keiner Erfahrungen mit Härtemessungen bei Edelmetallen gemacht? Das Material so schnell zu bearbeiten, dass es nicht abkühlen kann, ist beim Walzen bis zu einer bestimmten Stärke sicher möglich, das merke ich mir. Bei den kleineren Rillen führen wir den Draht ohnehin wieder zurück und lassen ihn so in einem Gang durch 6 Rillen laufen. Beim Ziehen laufen die Ziehsteine in einer Kühl- und Schmierflüssigkeit, daher können wir dabei diesen Effekt nicht nutzen. Bisher habe ich einiges an handschriftlichen Aufzeichnungen und Datenblättern bereits digitalisiert und überprüfe stetig, was davon aktuell ist und sich mit heutigen Legierungen und Maschinen anwenden lässt, z.B. Strangguss statt händischem Ausgießen. Auch erstelle ich Formulare und Laufzettel um vergleichbare Daten zu sammeln. Unklar ist mir noch, wie mit möglichst einfachen Mitteln die Kristallstruktur sichtbar gemacht werden kann. Anschleifen, polieren und ätzen verstehe ich, doch muss ich vor allem für dünne Drähte eine Methode finden, die praktikabel ist. @Tilo Ja wir scheiden schon seit etlichen Jahren selbst, was zeit- und kostentechnisch langfristig natürlich günstiger ist. War sehr überrascht wie du zu dem Schluss kommst, dass wir mit Lotseele arbeiten. Da liegst du tatsächlich richtig und das ist auch die größte Herausforderung. Ja, Panzerketten fertigen wir rund und diamantiert, von 0,35 bis 3,2mm Drahtstärke. Die erwähnte 50-70% Materialreduktion habe ich teils aus Unterlagen wie der „Anwendungsfibel für Goldschmiede zum Glühen von Goldlegierungen“ und den Angaben des Legierungsherstellers. Was die Kompatibilität von Lotkern und Mantelmaterial in Bezug auf mechanische Bearbeitung und Wärmebehandlung betrifft, bin ich gerade dabei mit dem Legierungshersteller im Gespräch. Ich warte auf die nächste Antwort. Es wurde über die Jahre schon vieles verschriftlicht, doch überlagern sich teilweise die Aufzeichnungen oder sind oft nicht datierbar, was zukünftig natürlich anders laufen wird.
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El Kratzbürscht
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Verfasst: 04.11.2021, 19:14 |
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Registriert: 21.12.2014, 16:46 Beiträge: 1516
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Sehr wichtig, was du da tust, und ein Zeichen der Desolation des Handwerks/ der herrschenden Wirtschaftsvorstellungen -, dass es notwendig geworden ist.
_________________ Machst du gern selber Schmuck, dann geh zu reim dich oder ich fress dich!
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