Konfliktdiamanten im Fokus
Eine Mystery-Shopping-Tour in Hamburg,Frankfurt am Main und München brachte eine erschreckende Unkenntnis über den Kimberley-Prozess an den Tag. Juweliere und Goldschmiede nehmen das Thema Konfliktdiamanten scheinbar nicht ernst.Nur in wenigen Ausnahmen war das Verkaufspersonal in der Lage,auf kritische Fragen der Testkäufer die richtigen Antworten zu finden.
Noch fragt kein Kunde beim Kauf von Diamantschmuck nach der ethisch unbedenklichen Herkunft der Steine. Andere Werte stehen im Vordergrund. Doch die Stimmung kann kippen, wenn, ausgelöst durch den Hollywoodfilm „Blutdiamanten“ plötzlich die Aufmerksamkeit auf dieses Thema gelenkt wird. Die Medien greifen solche heißen Eisen zu gern auf, geht es doch um soziale Ungerechtigkeit, Ausbeutung und Krieg – noch dazu mit Kindersoldaten. Eigentlich sollten Diamanten, über die afrikanische Warlords ihre Kriege finanzieren, seit dem Inkrafttreten des Kimberley-Prozesses im Jahr 2003 kein Thema mehr sein. Faktisch hat der Kimberley-Prozess für Rohsteine und das System der Garantien für verarbeitete Steine diese Geldquelle für die Kriegsherren Afrikas nahezu vollständig ausgetrocknet. Weniger als ein Prozent aller weltweit gehandelten Diamanten sind noch aus unsicherer
Quelle.
Doch falls der Film, der spätestens im Januar 2007 mit äußerst brutalen Bildern in die Kinos kommt, ein großer Erfolg wird, kann er die Diskussionen neu anfachen. Der Fachhandel unterschätzt dabei die Gefahren: Zunächst werden Journalisten sich darauf stürzen und recherchieren, unter anderem auch im Fachhandel. Bekommen sie nicht die richtigen Antworten, können sie leicht Diamanten insgesamt in Verruf bringen. Die öffentliche Meinung hat schon viele Konzerne in die Knie gezwungen und immense Verluste nach sich gezogen. Beispielsweise hatte Nike aufgrund der Diskussion um Kinderarbeit in seinen Werken in Fernost beträchtliche Umsatzeinbußen und brauchte Jahre, um sein Image wieder aufzupolieren.
Auch der Ölmulti Shell musste, obwohl ökologisch eigentlich die sinnvollere Alternative, auf die Versenkung der Ölplattform Brent Spar vor Norwegen aufgrund des öffentlichen Drucks verzichten. Die Pelzindustrie hat sich bis heute nicht von den Bildern geschlachteter Robbenbabies, die in den 80er-Jahren durch die Medien gingen, erholt. In den USA hat der Fachhandel die Gefahren bereits erkannt und rüstet sein Personal mit Informationen auf. Der World Diamond Council (WDC) hat dazu eine breite Kampagne aufgelegt (
). Hier kommt der Film pünktlich zur umsatzstarken Weihnachtszeit in die Kinos. Die Deutschen hegen zudem ein grundsätzliches Mistrauen gegenüber Konzernen und Unternehmen – auch hier sind sie Weltmeister. Nur sechs Prozent der Deutschen glauben, dass Firmen ehrlich und fair arbeiten. Rund 46 Prozent der Befragten kaufen nicht mehr bei Firmen, von denen aufgrund von Medienberichten unethisches Handeln bekannt ist. Über 61 Prozent der Deutschen fragen nach der Herkunft der Produkte bzw. überprüfen, ob die Ware unbedenklich hergestellt wird.
Axel Henselder
P.s.: Weitere Berichte,
Zitat:
„Wir bieten unseren Kunden
garantierte Sicherheit“Als Diamantschmuck-Hersteller garantieren wir unseren Kunden, dass unsere Diamanten aus legitimierten Quellen stammen, mit den UN-Resolutionen 1171, 1173, 1306 und 1343 in Einklang stehen und somit konfliktfrei sind. Diese Aussage auf allen Lieferpapieren basiert auf den entsprechenden Garantien unserer Vorlieferanten und ist Bestandteil der von der Diamantindustrie international vereinbarten „Chain of Warranties “. Diese Maßnahmen führen gemeinsam mit dem „Kimberley-Prozess“ dazu, dass aktuell über 99 Prozent der weltweit gehandelten Diamanten konfliktfrei sind. Die internationale Diamantindustrie beweist damit, wie eine auf Vertrauen basierende Branche durch aktive Selbstregulierung das Konsumentenvertrauen in ihre Produkte erhält. Der Einzelhandel als letztes Glied in der Kette muss darauf achten, Diamanten und Diamantschmuck nur von solchen Lieferanten zu beziehen, die diese Garantie mit der entsprechenden Formulierung bei jeder Lieferung auch schriftlich fixieren. Nur so kann der Juwelier oder Goldschmied eventuell aufkommende Fragen mit dem Hinweis auf das Dokument einfach und klar beantworten und den Verbrauchern die Sicherheit geben, konfliktfreie Diamanten zu erwerben.
Jochen Müller, Präsident
der Diamant- und Edelsteinbörse
Idar-Oberstein und Mitarbeiter bei Giloy Zitat:
„Verkaufspersonal hat keine Ahnung vom Kimberley-Prozess“
Auf unserer Mystery- Shopping-Tour besuchten wir insgesamt 26 Geschäfte in den Städten München, Frankfurt am Main und Hamburg. Neben hochwertigen Juwelieren wurden auch Filialisten und große Warenhäuser in die Testkäufe mit einbezogen. Die Kaufinteressenten gaben vor, dass sie ein Diamantschmuckstück als Geschenk suchten. Die Partnerin komme allerdings aus Südafrika und reagiere sensibel auf das Thema Blutdiamanten. Die Edelsteine dürften daher auf keinen Fall aus Konfliktgebieten stammen. Die meisten Verkäufer bzw. Verkäuferinnen versicherten natürlich, dass die in dem angebotenen Schmuck verarbeiteten Steine aus unbedenklicher Herkunft seien. Viele schoben die Verantwortung auf die Schmuckhersteller. Andere sahen die Herkunft der Steine von De Beers, von der Diamantenbörse in Antwerpen, von ihren Diamantaires oder aus firmeneigenen Minen als eine ausreichende Gewährleistung für eine unbedenkliche Herkunft an:„De Beers garantiert den Handel mit konfliktfreien Diamanten.“ Andere bestärkten das Misstrauen der Testkäufer sogar:„Ich kann nur den Hersteller des Schmuckstücks fragen, woher die Steine stammen. Aber ob die uns wirklich die Wahrheit sagen, ist eine andere Geschichte.“ Oder:„Die Herkunft ist nie zweifelsfrei nachzuverfolgen, selbst wenn man die Steine direkt in den Minen kauft. Ähnlich verhält es sich an den Diamantbörsen. Hier werden Lots zugeteilt, die man sich nicht aussuchen kann.“ Viele verwiesen auch auf ihre gute Reputation als Juwelier:„Man muss uns schon vertrauen.“ Einige Verkäuferinnen, aber auch die hinzugerufenen Inhaber fühlten sich persönlich angegriffen und reagierten abweisend. Die meisten kannten die Herkunft der Steine nicht. Gefragt nach einem Zertifizierungs- und Kontrollsystem, wusste in keinem aufgesuchten Fachgeschäft das Personal eine schlüssige Antwort zu geben. Auf den Kimberley- Prozess verwies nur ein Fachgeschäft und bot auch entsprechendes Informationsmaterial an. Jedoch konnten die Angestellten auch hier nicht erläutern, wie das System genau funktioniert. Das System der Garantien war in keinem aufgesuchten Geschäft dem Personal geläufig. Niemand verwies auf die Lieferantenrechnung, welche eine offizielle Erklärung enthalten sollte, das die Ware aus einer legalen Quelle stammt.
Alexander Güstrow, Mystery-Shopper
Zitat:
„Konflikt-Diamanten haben
in Deutschland keine Chance“Deutschland war und ist in den Kimberley- Prozess zweifach eingebunden: auf der politischen Seite durch die Bundesregierung und auf der praktischen durch die Diamant- und Edelsteinbörse Idar-Oberstein sowie dem Bundesverband der Edelstein- und Diamantindustrie und deren Mitgliedschaften im Weltverband der Diamantbörsen (WFDB) bzw. der internationalen Schleifereivereinigung IDMA. Laut den UN-Resolutionen müssen alle Rohdiamanten, ganz gleich wo sie gefördert werden, ein Kimberley-Zertifikat haben, welches in den Ursprungsländern ausgestellt wird. Die EU hat darüber hinaus eine nochmalige Kontrolle bei der Einfuhr von Rohdiamanten in die Gemeinschaftsländer verfügt. Da diese aber nur durch Mithilfe von Experten aus der Praxis vorgenommen werden können, gibt es in der gesamten EU nur drei mportmöglichkeiten, nämlich Antwerpen, London und Idar-Oberstein. Die Prüfstelle in Idar-Oberstein wurde durch enge Kooperation mit dem Finanzministerium der Bundesregierung eingerichtet, welches den Bedarf der Idar-Obersteiner Industrie hierfür erkannte und unterstützte. Alle Diamantschleifereien und -händler, die Mitglied in einem der Idar-Obersteiner Verbände sind, bestätigen durch entsprechende Aufdrucke auf ihren Lieferscheinen und Rechnungen, dass die gelieferten Diamanten entsprechend der UNResolution „konfliktfrei“ sind.
Dieter Hahn, Inhaber von Ph. Hahn Söhne
sowie Mitglied im erweiterten Vorstand der
Diamant- und Edelsteinbörse Idar-Oberstein
_________________
Artikel aus der GZ, Art+Design und Solitaire
Mit freundlicher Genehmigung und
Grüßen, die Chefredakteurin
Christine Patrich
Zu unsere Website: