VERSCHLEIERTER RING
SIEGTE KNAPP
TEXT REINHOLD LUDWIG FOTOS HILTRUD UND JÜRGEN CULLMANN
UNTER DEM MOTTO „MEHR SEIN ALS SCHEIN“ MUSSTEN DIE TEILNEHMER
DES „37. DEUTSCHEN SCHMUCK- UND EDELSTEINPREISES IDAR-OBERSTEIN 2006“
DAS VERBORGENE HERAUSARBEITEN. DER NACHWUCHS SOLLTE
„MEHR SCHEIN ALS SEIN“ MIT DEM TÄUSCHENDEN IN EINKLANG BRINGEN.
Bedeutungsschwer und konstruiert hintersinnig, so können die Ergebnisse des 37. Deutschen Schmuck- und Edelsteinpreises Idar-Oberstein 2007 umschrieben werden. Das lag, wie es schon Tradition in der Edelsteinstadt ist, sicher an der etwas überhöhten, komplexen Themenstellung. Vielleicht hätten die beiden Begriffe „Das Verborgene“ und „Das Täuschende“ genügt, wenn überhaupt Themen sein müssen.
ERSTER PREIS: HESTER VONK NOORDEGRAAF, IDAR-OBERSTEIN, FÜR EINEN
„VERSCHLEIERTEN“ RING AUS GELBGOLD, CITRIN UND AKOYAZUCHTPERLEN
ZWEITER PLATZ, JÖRG STOFFEL, STIPSHAUSEN.
RING, ROTGOLD UND RUTILQUARZ
Den ersten Preis gewann Hester Vonk Noordegraaf aus Idar- Oberstein für einen Ring aus Gelbgold, Citrin mit Akoyazuchtperlen. Die Jury stellte neben der gelungenen Auseinandersetzung mit dem Wettbewerbsthema die perfekte, filigrane Verarbeitung dieses sehr femininen „Schleierrings“ heraus. „Für mich, so die Preisträgerin, bekommt die Frau durch die Verschleierung einen geheimnisvollen Charakter. Nur wenig von ihr ist sichtbar. Das wirkliche „Sein“ ist verborgen, nur für wenige Personen zugänglich. Die feinen Ketten wirken wie ein Schleier aus Samt. Erst wenn der Ring am Finger getragen wird, öffnet sich die Form. Mit dem Finger teilt sie den seitlich herabhängenden Kettenvorhang, der gleichzeitig die Hand umschmeichelt. So erzeugt die Positionierung des Schmuckstücks am menschlichen Körper ein Spiel von Verhüllen und Zeigen.“ Die Jury setzte sich zusammen aus Georg Bunz, Dobel, Isabelle Gut, Zürich, Hans Dieter Krieger, Idar-Oberstein, Hans Jürgen Machwirth, Idar-Oberstein, Nathalie Prinzessin von Hohenzollern, Sigmaringen und Jochen Pohl, Idar-Oberstein. Insgesamt wurden bei beiden Wettbewerben 154 Arbeiten eingereicht. Beim Nachwuchswettbewerb waren 38 Arbeiten zu bewerten.
NICO VON SCOTTI, NEUMAGEN-DHRON, DRITTER PLATZ.
SICH ÖFFNENDER ANHÄNGER IN BLÜTENFORM
Jörg Stoffel, Stipshausen, unterlag dem „Verschleierten“ nur knapp und erhielt für seinen Ring aus Rotgold und Rutilquarz den zweiten Preis. Eine Arbeit mit hoher Symbolkraft in handwerklich perfekter Ausführung, einer klaren und schnörkellosen Formensprache und das gestellte Wettbewerbsthema perfekt treffend, so die Beurteilung der Jury. Nico von Scotti, Neumagen- Dhron, wurde Dritter mit einem Anhängerschmuck aus Weiß- und Roségold, Bronze, Email, Rubinen, Spinell, Süßwasserzuchtperlen sowie diversen Hilfsmaterialien. „Am Ende einer filigranen, jedoch luxusverneinenden Kette befindet sich eine ebenso anmutende geschlossene Blütenknospe. Oxidierte, geätzte, patinierte und damit nicht polierte Metallflächen lassen nicht erahnen, ja täuschen sogar über das hinweg, was sich im Innern der Knospe befindet. Öffnet man diese jedoch mittels eines Auslösemechanismus, so explodiert sie gleichsam und entfaltet ihre volle Pracht.“ So wird diese Arbeit beschrieben.
SAM THO DUONG, PFORZHEIM, BELOBIGUNG FÜR EINEN
BEWEGLICH KONSTRUIERTEN RING. GELBGOLD UND BRILLANTEN
Belobigungen erhielten Sam Tho Duong, Pforzheim, für einen Ring aus Gelbgold und Brillanten und Maren Giloy, Idar-Oberstein für eine Halskette mit Geldscheinen. Vordergründig sage dieses Collier, so die Preisträgerin: „Ich habe Geld .... aber hintergründig, also im Verborgenen, erinnert es an vergangene Reisen, verschiedene Kulturkreise, Menschen, Wünsche und Träume.“ Belobigt wurde ebenso Rebecca Grob, Kiel, für ihren Anhängerschmuck aus Gelbgold, Granat und Leder. Der Anhänger ist zu öffnen und „könnte auch ein Aufbewahrungsort für Parfümflaschen, Geldscheine oder sonstige wichtige Utensilien des täglichen Lebens sein“, sagt die Preisträgerin.
NACHWUCHSWETTBEWERB. SIEGERIN ANNICK MERSCH,
ERLENHOLZ-RING, ULEXIT, KUPFERBLECH
Im Nachwuchswettbewerb siegte Annick Mersch, Idar-Oberstein mit ihrem Ringobjekt aus Erlenholz, Ulexit und Kupferblech. Die Preisträgerin erklärt, dass „das innere Sein und der äußere Schein zuweilen nicht übereinstimmen, obwohl sie zur selben Person und zum selben Objekt gehören.“ Bei der prämierten Arbeit verhalte es sich genauso. Der zweite Preis ging an Miriam Hoberg, ebenfalls Idar-Oberstein. Ihre „Schalkette“ aus Silber, Achat, Spiegel und Mikrofaserwolle heißt „Der Wolf im Schafspelz.“ Die Preisträgerin beschreibt ihre Arbeit wie folgt: „Während die eine Seite den Wolf mit aufgerissenem Rachen und Greifzähnen sehr konkret darstellt, lässt die Spiegelseite nur erahnen, wer eigentlich der „Wolf im Schafspelz“ ist – der Betrachter, der sich spiegelt.“ Jeder trage schließlich hinter einer freundlichen Fassade und normgerechten Maske verborgene, negative Charakterzüge in sich.
ZWEITER NACHWUCHSPREIS FÜR KATHARINA VANSELOW,
SILBER UND BERGKRISTALL, GENANNT „ENTTÄUSCHUNG“
WOLF IM SCHAFSPELZ: ZWEITER PREIS, MIRIAM
HOBERG, SILBER, ACHAT, SPIEGEL UND MIKROFASERWOLLE
Der dritte Preis des Schmuck-Nachwuchses erhielt Katharina Vanselow, die das Idar-Obersteiner Siegertrio komplett machte. Ihren Anhängerschmuck aus Silber und Bergkristall nennt sie „Enttäuschung“ und meint: „Hat man in einem Menschen erst einmal sein „dunkles, düsteres Gesicht“ erkannt, wird man es immer wieder sehen.“
Belobigt wurden in dieser Kategorie: Antje Stolz, St. Ingbert/Rohrbach, für ihren Ring aus Silber und Bergkristall und Annette Tropper, Alfdorf für einen Kopfschmuck aus Stacheldraht, Silber, Turmalin, Bergkristall und Synthesen.
Die Arbeiten sind noch zu sehen bei der Inhorgenta in München vom 23. bis 26. 2. 2007 und vom 8. bis 23. 3. 2007 in der Goldschmiedeschule mit Uhrmacherschule Pforzheim.