Für alle die an der Geschichte des Goldschmiedens und Silberschmiedens Interessiert sind, veröffentliche ich hier Auszüge aus Hermann Alexander von Berlepsch, Chronik der Gold- und Silberschmiedekunst, aus dem Jahre 1850 (Chronik der Gewerke; -- Bd. 3.)
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Von den Ketten, Spangen und anderm Geschmeide
Haben wir im vorigen Abschnitt die Reihenfolge der Gegenstände, welche aus den Werkstätten unserer Vorfahren hervorgingen, mit den Gefäßen begonnen, so geschah es aus dem Grunde, weil jedenfalls sie die ersten mögen gewesen sein, welche zu fertigen die Nothwendigkeit antrieb. Nächst ihnen werden uns in den bereits angefühlten Stellen des alten Testamentes Schmucksachen genannt (siehe oben S. 5 u. 6 in der Einleitung). Wir wollen demzufolge auch zunächst von ihnen handeln.
Die ältesten Schmuckstücke, deren am angeführten Orte erwähnt wird, sind Spangen. Der Begriff, welchen man in spätern Zeiten mit diesem Worte verband, war bald der eines Ringes, bald der einer Kette. In den alttestamentlichen Zeiten mag das Wort Spange wohl zunächst nur jenen Schmuck bedeutet haben, welcher in Kettenform oder auch in Form eines Rings an der Stirn, in den Ohren, oder sogar in der Nase getragen wurde. Die Ohrenspangen, welche wir bei fast allen alten Völkern schon im Gebrauch finden, sollen meist die Form eines Halbmondes bei den Juden gehabt haben, wie denn Aaron unter anderm priesterlichem Schmuck auch einen Ohrring (Nesem) in Halbmondform getragen habe. Aber auch in größerm Maßstabe wurde der Halbmond, nach oben gekrümmt, als Stirnschmuck getragen und mehrere ältere Autoren wollen von ihm das Entstehen der Kronen herleiten. Die Ohrenspangen werden jedoch auch mit unter die abgöttischen Dinge gerechnet [Schroeder, de vestib. mulier. Hebraeor. p. 45. sqq.], da manche dieser Ohrengehänge einzelnen Götzen geweiht waren und man dieselben beim Götzendienst anlegte, nach Beendigung der Ceremonie jedoch sie wieder abnahm und aufbewahrte. Auch sollen solche Ohrenspangen die Gestalt gewisser Götzen gehabt haben, oder irgend ein mystisches Zeichen auf denselben eingegraben gewesen sein. Man glaubte, daß man böse Geister mit denselben vertreiben, Krankheiten heilen und andere Wunderdinge mit ihnen verrichten könne. Der Gebrauch Ohrringe zu tragen schreibt sich also aus den allerältesten Zeiten her. Die griechischen Frauen zu den Zeiten des heroischen Alters trugen Ohrengehänge, an denen drei Glocken befestiget waren und welche beim Gehen ein zartes, klingendes Tönen von sich gaben [Odyssee I. XI. v. 323. Aeliani Varia historia 1.I. C. 18. Pausanias l. IX. c. 41.].
Später treffen wir Ohrringe bei Griechen und Römern, ja sogar von Knaben und Dienern getragen, nur daß sie weniger kostbar als die der vornehmen Frauen waren. Wir geben hierbei einige Abbildungen nach Montfaucons Zeichnungen, woraus wir erkennen können, daß nach beinahe 2000 Jahren auch jene Formen bei uns wiederkehrten.
Es würde zu weit führen, wollten wir die meist nur abweichenden Formen der Ohrringe und Ohrnadeln bei den verschiedenen Völkern zu allen Zeiten hier erörtern, und gehen wir daher zu einem zweiten alten Schmuck, den Armspangen, über. Goldene und silberne Armbänder, meist in der Breite von einigen Zollen, gehörten zum Schmuck der vornehmen Jüdinnen. Der Armring vertrat häufig die Stelle des Trauringes und bei den Römern war er sogar ein Schmuck des Mannes. Goldene Armringe wurden an die römischen Soldaten als Belohnung ausgetheilt und sie vertraten somit die Stelle der spätern Orden (man sehe auch weiter unten bei Gelegenheit der Triumphkrone); eine eiserne Armspange, bald glatt von Blech, bald in Kettenform, war ein Zeichen der Abhängigkeit; auch dieser Gebrauch hat sich bis auf unsere Zeiten erhalten in den sogenannten Freundschaftsbändern. Die griechischen Frauen trugen goldene Armbänder mit Bernstein besetzt.
Im Mittelalter wand man Ketten um den Vorderam, oder, wo es erlaubt war, Perlenschnüre; eigentliche Armbänder scheint man weniger gehabt zu haben. Der vorzüglichste Schmuck, der meist auf bloßem Körper von jeher getragen wurde und zu verschiedenen Zeiten von höchster Bedeutung war, ist die Kette, Halskette. Schon im grauen Alterthum war sie im Orient gewöhnlich; von edlen Metallen gefertigt, waren die Ketten nicht selten mit kostbaren Steinen geziert oder sonst allerhand Schmucksachen daran befestigt, welche auf die Brust herabhingen. Halsketten trugen nicht allein Weiber, sondern auch vorzugsweise Männer. So bei den Hebräern die Krieger und Aaron als Hoherpriester; bei den Persern und Aegyptern wurden sie schon von den Königen als Gnadenbezeugungen ausgetheilt. Bei den Griechen trugen solche Ketten von Gold oder Bernstein die Weiber schon in den ältesten Zeiten, und bei den Galliern waren goldene Halsketten gewöhnlich. Von ihnen scheinen die Römer sie kennen gelernt zu haben; seitdem Manlius Torquatus einem gallischen Heerführer dessen Halskette abgenommen und sich umgehängt hatte, wurden dieselben (torques genannt) bei den Römern Schmuck und eine Belohnung tapferer Krieger. Die Halsketten der Weiber (monilia genannt) waren meist mit Steinen geziert. Die Germanen trugen sie nicht in Form von Ketten, sondern als Halsringe, meist aus gewundenem Drahte bestehend, häufig mit Schnüren von Glas- und Metallperlen umwunden. Die größte und vorzüglichste Bedeutung bekam die Halskette bei den christlichen Völkern des Mittelalters als Ordenskette. Das Hauptzeichen des christlichen Ritters war das Kreuz. In der Mitte desselben zeigte sich auf einem runden Schilde entweder der Patron des Ordens oder das Sinnbild desselben, oder der Namenszug des Stifters oder auch des letztern Wappen. Dieses Kreuz pflegte nun sonst gewöhnlich an einer goldenen Kette um den Hals getragen zu werden so daß das Kreuz auf der Brust ruhte. Die goldene Ritterkette, wie die goldenen Rittersporen, gehörten zum Hauptschmuck der Ritter und standen diesen allein zu tragen zu. Jetzt wird diese Kette, wo sie noch zum Orden gehört, nur bei besondern festlichen Gelegenheiten zur Ceremonienkleidung getragen. Für gewöhnlich ist sie mit einem breiten Bande vertauscht worden. Die Ritter durften eine vom Orden erhaltene Kette wohl ausbessern, und war sie im Kampf, oder sonst bei einer ehrlichen That, verloren worden, wieder erneuern, aber durchaus nicht verschönern lassen. Nach dem Tode eines Ritters durften Ordenszeichen und Kette beim Begräbniß noch seinen Sarg zieren, mußten dann aber von den Erben an den Ordensrath wieder zurückgesendet werden, weil der Orden nicht erblich, sondern eine Auszeichnung der Person war. Nächst den Rittern war den Personen vom Adel und graduirten Doktoren das Tragen von goldenen Ketten erlaubt, und verweisen wir in dieser Beziehung auf den Abschnitt von den Prachtgesetzen. Als Gegenstand des Luxus mußten die goldenen Halsketten gar häufig Stoff zu Strafpredigten abgeben. Schon der heil. Chrysostomus, wenn er über die goldbetroddelten Röcke, über die schwarzen, glänzenden und spitzen Schuhe seiner schönen Zeitgenossinnen jammert, seht hinzu: „und ihre Halsketten sind von Gold und zwei- und dreifach um den Hals geschlungen." Eine besondere Gattung derselben waren die Ohren- oder Gnadenkettlein, welche von Kaisern und Königen berühmten und verdienten Personen, sowohl bürgerlichen als adeligen Standes, namentlich den Bürgermeistern geschenkt wurden.
Welche ungeheure Verschwendung mit Halsschmucksachen häufig getrieben wurde, können wir aus nachfolgenden Beispielen entnehmen: Als König Heinrich IV. mit Maria von Medicis zu Lyon im Jahre 1600 Beilager hielt, schenkte er ihr ein Halsband 200.000 Kronenthaler werth und zugleich ein Brusttuch, das 100.000 Kronen kostete; außerdem waren für 200.000 Kronen Ringe und andere Kleinodien dabei [M. Sachs, Kaiserchronik, IV. S. 579]. Dieselbe Maria von Medicis trug bei der Taufe ihres Sohnes einen Rock mit 32000 Perlen und 3000 Diamanten besetzt [Mysander, deliciae biblicae d.a. 1690. p. 106]. - Churfürst Maximilian von Bayern sendete 1635 seiner Braut, der Tochter Kaiser Ferdinand II., zum Werbegruß eine Kette von 300 Perlen, von welchen eine jede 1000 fl. Kostete [Lankisch, Mahlschatze in der Vorrede]. — Besondere Berühmtheit hat der sogenannte Halsband-Prozeß erlangt, eine Diebesgeschichte, in welche die Königin Marie Antoinette, der Kardinal Rohan und die Gräfin Lamothe verwickelt waren. Ausführliches darüber findet man in Hitzig und Häring neuem Pitaval, 8r Band, welches Buch in jeder guten Leihbibliothek zu haben ist.
Die goldenen und silbernen Kreuze betreffend, so fing man schon im 4ten Jahrhundert an dergleichen am Halse zu tragen, wie dies Johannes Chrysostomus (Homil. II. Tom. VI.) bezeugt , indem er eine kostbar eingefaßte Reliquie des hl. Kreuzes erwähnt. Minder kostbare Kreuze trugen: Zacharias, ein Jünger Johannis des Almosengebers, ein silbernes; — Macrina, die Schwester Gregors von Nissa, ein eisernes; — Domitius und Orestes ein goldenes. Den Reisenden diente dieses Kreuz ursprünglich als Altar, vor dem sie in gewissen Stunden beteten; so hing der Diakon Magnus sein Halskreuz auf der Reise an einen Baum und kniete davor mit seinen Gesellen zum Gebete nieder. Im 8ten Jahrhundert wurde es in Frankreich und Deutschland, vorzüglich bei den Frauen, Mode, goldene, mit Diamanten und Edelsteinen verzierte Kreuze am Halse zu tragen, ein Gebrauch, der heute noch in manchen Gegenden sich erhalten hat. In Frankreich finden sich schon im 5ten Jahrhundert Spuren dieser Sitte. So z. B. schenkte Bischof Perpetuus von Tours seiner Schwester Fidia Julia ein kleines goldenes Kreuz, worin Reliquien eingefaßt waren. Daß die Päbste von den ersten Zeiten an, die Bischöfe wenigstens schon im 8ten Jahrhundert, wie auch die Kaiser und Könige, goldene vom Halse auf die Brust herabhängende Kreuze trugen, läßt sich aus vielen alten Autoren nachweisen. Von dem Bischof Willibrord im 7ten Jahrhundert wissen, wir, daß er ein goldenes Kreuz am Halse trug und auf dem achten Generalkoncil erschien der Kaiser mit einem Kreuz am Halse, welches er dem Gesandten der orientalischen Patriarchen umhing. Von woher sich das Tragen des goldenen Kreuzes bei den Bischöfen und Erzbischöfen datirt, läßt sich nicht mit Bestimmtheit angeben [Binterim, Denkwürdigkeiten der katholischen Kirche.].
Ein unserer heutigen Arbeit fast ganz entschwundenes, kleineres Schmuckstück, das, obwohl in anderen Formen, doch ebenfalls aus den Zeiten des grauen Alterthums herrührt, ist die Schnalle. Die ersten Befestigungsmittel mögen ohne Zweifel Nadeln gewesen sein; daß man aber bald darauf kam in anderer, mehr gesicherter und zugleich einigen Prunk gewährender Form an die Nadel noch einen Bogen zu sehen, beweisen uns die griechischen und römischen Fibulae. Sie bildeten, wie ein gedruckter Holzschnitt darstellt, meist einen Bogen, an dessen einem Ende, vermittelst einer spiralförmigen Feder die Nadel angebracht war. Zumeist und zunächst wurde sie angewandt, um den in Form eines viereckigen Zeugstückes um den Oberkörper drapirten Mantels an zwei Zipfel-Enden, bald auf der linken, bald auf der rechten Schulter zu fassen und zu halten. Nicht minder jedoch wurde die bald erzene, bald silberne oder goldene Fibul gebraucht, um Oeffnungen der Tuniken, Chlamyden oder Lacernen zu schließen. Von den Frauen wurden sie vor der Brust getragen. In dieser Form hielten sie durch Pressung ihrer Federkraft diejenigen Kleidungstheile zusammen, welche anderen Falls hätten geheftet werden müssen[Bat. — B. de Monfaucon Antiquitates graecae et Norimb. 1757. Lib. II. p. 207.]. Nach und nach flachte sich der Bogen ab, die Feder machte einem Scharnier Platz und die Nadel wurde spitz, so daß wir in dieser Form eine unvollkommene Schnalle ohne Zunge bereits erkennen. Die eigentliche vervollkommnete Schnalle finden wir erst im 14ten Jahrhundert und von da ab steigerte sich ihr Gebrauch durch die aufkommenden Moden so sehr, daß im 17ten Jahrhundert es nicht zur Seltenheit gehörte, wenn ein Mann, das Wehrgehenk nicht mitgerechnet, 9 bis 12 Schnallen von edlem Metall, ja sogar mit kostbaren Steinen beseht, an sich trug. Zu jener Zeit bildeten sie natürlich einen Hauptartikel der Goldschmiedeerzeugnisse.
Von den Ringen
Wir widmen dem Ring ein besonderes Kapitel. Er ist ein Erbstück des Alterthums, dessen Werkmeister eben so tief in Vergessenheit liegt, als das Andenken dessen, der den ersten Kranz gewunven hat. Nach dem Glauben der Juden sollen schon die eisten Menschen im Paradiese Ringe getragen haben. Aegyptier und Hebräer bedienten sich seiner schön in den frühesten Zeiten; von den Aegyptiern erhielten ihn die Griechen und von diesen die Völkerschaften Italiens; von den Etruskern insbesondere kam er zu den Römern. Diese bedienten sich in den ersten Zeiten ihrer Republik, gleich den alten Deutschen und anderen Völkern, bloß eiserner Ringe. Goldene waren Anfangs nur ein Vorzug derer, die in wichtigen Angelegenheiten als Gesandte verschickt wurden, und nächst diesen wurden sie der Charakter der Senatoren und des Ritterstandes. Als endlich die Eitelkeit plebejischer (nicht adeliger) Damen die goldenen Finger der jungen Ritter zu beneiden anfing, und ihnen doch ein unhöfliches Gesetz Gold untersagte, so nahmen sie ihre Zuflucht zum Silber. Eisen blieb gemeiniglich nur das Eigenthum der Sklaven; außer daß man es auch wohl als Symbol der Tapferkeit bisweilen am Finger derer erblickte, die als Helden auf dem Triumphwagen so eben das Fest ihrer Siege feierten. Später hingegen bekamen nicht nur die beklommenen Wünsche der gemeinen Damen Lust, sondern es gab sogar eine Zeit, wo man beide Hände dergestalt einschmiedete, daß nicht nur jeder Finger, sondern auch jedes Fingergelenk, rechts und links seinen Ring hatte.
Die ursprüngliche und Hauptbestimmung des Ringes scheint nicht sowohl Gegenstand des Schmuckes, als vielmehr ein Petschaft zu sein. In dieser Beziehung ist er eben ein so allgemein übliches Pfand der Verlobten geworden. Der Bräutigam gab seiner Geliebten einen Ring, als Symbol, daß ihre getroffene Verabredung als unverbrüchlich, hiemit so gut wie untersiegelt sei. Diese Bedeutung hatte er bei Griechen und Römern, wie bei den ältesten Hebräern und anderen Völkern, deren die Geschichte gedenkt, so daß also der Gebrauch, Anspräche des Herzens durch Ringe zu verpfänden, eine von Alters her bereits grau gewordene Sitte war, als das Christenthum entstand. Die ersten Christen behielten den so bedeutungsvollen Ring desto williger bei, je reiner er von allem Religionsbezug aus den Händen der Römer kam. Und wie er vordem bloß zum Unterpfand der Verlobung diente, ohne bei den Ceremonien der Verehelichung selbst von Gebrauch zu sein, so flochten sie ihn bald nachher auch in die Feierlichkeiten des Altars mit ein, um die Verlobung des neuen Paars nochmals vor den Augen der Gemeinde zu bestätigen. An welcher Hand man den Ring führte, war nicht bei allen Völkern einerlei. Die Juden hatten ihn an der rechten; daß aber andere, namentlich Griechen und Römer, ihn am vierten Finger der linken trugen, wo er nun noch angebracht wird, sollte den Grund haben, weil dieser Finger eine Ader enthalte, die mit dem Herzen in genauer Verbindung stehe [Levin. Lemnius, de occultis naturae miraculis. L.2.]. Den Ring hingegen am Mittelfinger zu tragen, ward für ein unsittliches Symbol gehalten.
Welch ein bändereiches Werk ließe sich nun nicht über merkwürdige Ringe schreiben, wenn man alle alten und neuen Mährchen und Sagen, alle heiligen und unheiligen Legenden, von Salomonis hochberühmtem Siegelring an (dessen wir gleich nachher ausführlicher gedenken werden) bis zu den vielen Verlobungsringen, welche der Herr Christus seinen geliebten Bräuten so freigebig austheilte, von den Kämpfelringen der alten nordischen Hünen bis zum Vermählungsringe des Dogen von Venedig mit seiner untreuen adriatischen Meerbraut, darin aufnehmen und auftischen wollte. Darum begnügen wir uns, so weit der beschränkte Raum es gestattet, einige der besonders merkwürdigen zu beschreiben.
Am ersten wird des Ringes in der alten Mythengeschichte der Griechen bei Prometheus gedacht [Zeus soll der Erfinder des Ringes gewesen sein, indem er, nach Befreiung des Prometheus, aus dessen eisernen Banden einen Ring machte, barem ein Stück des Felsens, woran er gefesselt war, setzte und diesen dem Prometheus an den Finger steckte, damit der Befreite der von jenem empfangenen Wohlthat eingedenk bleib], von welchem man liest, daß er einen Ring getragen habe, der mit einem Stein verziert gewesen sei; jedoch war es nur ein eiserner Ring, wie deren heut zu Tage die Bauern noch hin und wieder als magnetisches Mitte! wider den Krampf zu tragen pflegen [Isodorus, lib. I. etymol.]. Plinius schreibt, wie zu seiner Zeit in Rom es Gebrauch gewesen sei, daß ein Bräutigam seiner Braut einen eisernen Ring in's Haus geschickt habe, vielleicht zum Zeichen des festen, unverbrüchlichen Bündnisses, welches zwischen beiden eingegangen sei. Daß nichtsdestoweniger die Römer aber auch silberne und goldene Ringe trugen, finden wir im Livius [XXIII, 12.], wenn er erzählt, daß Hannibal, nach dem Siege bei Kannä (216 v. Chr.), denjenigen römischen Rittern, welche in der Schlacht geblieben, 3 Modios (also ungefähr 6 Berliner Mehen) voll goldener Ringe zum Zeichen seines Sieges abgezogen habe. ES war nämlich im alten Rom, wie erwähnt, blos den Rittern gestattet goldene Ringe zu tragen. Daß diese Ringe jedoch nicht wie heut zu Tage lediglich zur Zierde an den Fingern getragen wurden, sondern daß man sie damals schon zum Siegeln benutzte, erwähnt Makrobius in seinen Saturnalien. In die Steine der Siegelringe waren Portraits von Vorfahren oder sonst berühmter Männer geschnitten (Gemmen). Ueberdieß fügen wir, um von den Formen damaliger römischer Ringe eine Idee zu geben; hier die Abbildungen von einigen bei.
Julius Capitolinus [In Roman. Imperator. hist. s. v. Maxim.] meldet, daß Kaiser Marimin seiner Gemahlin Ring auch zum Siegeln gebrauchte; aber zugleich sagt er auch, daß kein Römer mehr als einen Ring getragen, man es ihm vielmehr zur Schande gerechnet habe, wenn er mit ganzen Garnituren von Ringen zu prangen suchte. Das bestätigt auch noch eine andere Stelle; als nämlich Grachus den Maevius vor offenem Gerichte anklagte, sagte er: „Sehern, Ihr Herren, die linke Hand dieses Mannes; von ihr möget Ihr schließen, was für ein Gesell er fei. Putzt er sich nicht wie ein Weib, das alle Finger voll Ringe trägt?" — Daß sogar einzelne vornehme Römer ein Zeichen ihres innern Werthes dadurch an den Tag zu legen suchten, daß sie bei allem Reichthum der Kleidung gar keine Ringe trugen, während ihre Frauen deren zwei an den Händen hatten, schreibt Isidorus [Originum seu Etymologiarum libr, XX. Basil. 1577.]. Vom römischen Triumvir M. Licinius Crassus Dives wird erzählt, daß er, als er 54 vor Christo in den Krieg wider die Parther in Kleinasien auszog (in welchem Kriege er sodann auch fiel), zwei Ringe am Finger getragen habe, dieser übermäßige Lurus jedoch durch seinen unermeßlichen Reichthum zu entschuldigen sei. Goldene Ringe also trugen nur die römischen Adeligen, Ritter, Senatoren und Legionartribunen; die Freigelassenen dagegen silberne und die Leibeigenen eiserne. In späteren Zeiten wurden auch Soldaten wegen Tapferkeit oder anderer militärischer Verdienste mit goldenen Ringen belohnt. Unter den Kaisern, wo überhaupt der Lurus am höchsten stand, wurde es ziemlich allgemein goldene Ringe zu tragen. Es gab Goldschmiede, die nur Ringe verfertigten und deßhalb annularii genannt wurden. Der Ring mit einem gefaßten Stein ward unguis, d. h. Nagel, genannt, weil der Stein allenthalben mit Gold umgeben sei, wie der Nagel am Finger vom Fleisch. Eine andere Sorte warb samothracius genannt, weil er einen eisernen Kasten hatte, im Uebrigen aber von Gold war. Eine dritte Sorte, welche ganz aus Gold und zwar glatt gefertigt wurde, nannte man thynius.
Daß, wie oben erwähnt, schon bei den alten Römern der Ring am sogenannten Gold- oder Herzfinger der linken Hand getragen wurde, erfahren wir nicht nur aus dem Appianus Alexandrinus, sondern Atherius Capito meint, es sei wohl zunächst deßhalb geschehen, weil man gerade den vierten Finger der linken Hand am allerwenigsten zu gebrauchen pflege, und somit die an diesem Finger getragenen Ringe weniger der Möglichkeit einer Beschädigung ausgesetzt wären. Die karthaginiensischen Soldaten trugen so viele Ringe, a!S sie Feldzüge mitgemacht hatten. Hannibal, Feldherr der Karthaginienser, verwahrte das Gift, mit dem er sich tödtete, in einem Ringe.
Nicht minder, wie bei den anderen alten Völkern, treffen wir bei den Urgermanen schon Ringe und zwar in verschiedener Beziehung. Zwischen Mann und Frau galt er als das Zeichen der abgeschlossenen Ehe, während er bei einem Stamme unserer Vorfahren, den Katten (Hessen), so lange vom Jüngling getragen werden mußte, bis er sich durch eine Heldenthat gelöst hatte. Theils galten die Ringe bei den nordischen Völkern überhaupt als Schmuck, dann aber auch vertraten sie die Stelle des Geldes und es wurde nach ihnen gerechnet.
Zur Zeit des Mittelalters hatte der Ring feiner Form und dem Platze nach, wo er getragen wurde, eine gar verschiedene Bedeutung. Wie bei den Römern scheint es auch bei den deutschen und französischen Rittern ein Vorrecht gewesen zu sein, Siegelringe zu tragen [Saint-Palaye, Ritterwesen, 2r Bd. S. l70.]; jedoch durften sie solches nicht vor dem 21sten Jahre, um welche Zeit sie gemeiniglich Ritter wurden. Von dem niedern Adel hat man noch keine Siegel gefunden, die über das Jahr 1220 hinausgingen [Eftor, von der Ahenprobe. S. 445.] und bis in das 14te Jahrhundert waren die Siegel selbst bei Rittern noch nicht allgemein. Hatten Ritter ein Gelübde abgelegt, so trugen sie Ringe, meist von edlen Metallen, um den Hals, Arm oder die Füße, und mitunter war es sogar der Fall, daß sie den Ring am Arm mit dem am Fuß durch ein goldenes Kettlein verbanden, gleichsam zum Zeichen, daß sie durch ihr Gelübde gefesselt wären. Eine eigenthümliche Sitte war es, daß Gläubiger ihren Schuldnern konnten einen eisernen Ring um den Arm legen lassen, um sie fortwährend an ihre Schuld zu erinnern. Außerdem diente er nicht nur als Zeichen der Verbindlichkeit zwischen Braut und Bräutigam, sondern er wurde sogar symbolisch als das Zeichen der Brautschaft bei anderen Gelegenheiten benutzt. So z. B. vermählte sich der Doge von Venedig Namens der Republik jährlich auf's Neue mit dem adriatischen Meere dadurch, daß er unter großen Ceremonien einen Ring am Himmelfahrtstage in die Fluthen warf. Aehnliche Bedeutung hatte die Uebergabe des Ringes an einen Bischof durch den Pabst, womit letzterer den ersteren der Kirche vermählte. Beim Antritt des Kardinal-Amtes erhält der betreffende hohe Prälat durch den Pabst einen Ring mit einem Sapphir angesteckt. Hierher gehört auch der Fischerring des Pabstes, ein goldenes Siegel, den Apostel Petrus darstellend, mit der Namensumschrift des Pabstes. Er ist in Verwahrung des Magisters camerae papalis, wird in Gegenwart des Pabstes den Breven aufgedrückt und dann wieder dem Magister übergeben. Nach dem Tode eines jeden Pabstes wird er vom Kardinal-Kämmerling zerbrochen.
Um jedoch versprochenermaßen zur Beschreibung einzelner merkwürdiger Ringe überzugehen, müssen wir von diesen allgemeinen Citaten abstehen; kurz müssen wir indeß noch beiläufig bemerken, daß die alttestamentlichen Völker nicht nur schon den Ring im Allgemeinen kannten und trugen, wie Näheres aus I. Buch Mosis, Kap. 38, V. 18 und Kap. 41, V. 42. Buch Esther III, V. 10 zu ersehen, sondern denselben auch als Siegelring benutzten. Jeremias, Kap. 22, V. 24, erwähnen wir mit dem Bemerken, daß nach Zahl und Material der Ringe man den Stand und Reichthum der Leute unterschied. In den Siegelring war der Name des Eigenthümers eingravirt.
Der unstreitig berühmteste und schon von Millionen Menschen gewünschte Fingerreif ist der Ring Salomonis; Ob er jemals existirt und wirklich die Zauberkraft besessen habe, welche man ihm zuschreibt, wissen wir nicht; daß aber unter demselben von abergläubischen Leuten noch heutigen Tages ein Talisman (arabisches Wort, welches ein Bild, Figur, Geräthschaft von Metall, Holz oder Stein bedeutet, welches geheime Kräfte besitzt und Wunder wirkt) verstanden und nachgebildet wird, ist gewiß. Dieser Ring soll Alles geben und verschaffen, was man wünscht und will. Aber er ist etwas schwer und mühsam zu verfertigen. Doch hat ein weiser Araber, Mohamed Alameli, in seinem Buche: Kostbarkeiten der Erkenntniß, zum Schmuck der Augen, den Wißbegierigen diese Kunst gelehrt. Wer etwas Näheres darüber lesen will, kann dies in Hammer's encyklopädischer Uebersicht der Wissenschaften des Orientes, 2r Thl., Seite 498.
Nächst diesem hatte im Mittelalter der sogenannte Liebesoder Venus-Ring einen großen Ruf. Er ist eben ein solcher Talisman und wird, nach Angabe eines alten Wunderbuches ohne Titel, folgendermaßen verfertigt: „ Wenn die Venus (der Planet) im 25sten, der Widder im 2ten, 7ten, 14ten, 15ten oder Asten, der Stier im 8ten, die Zwillinge im 20sten, der Krebs im 9ten, die Jungfrau im 1sten, 4ten, 10ten, 14ten oder 15ten, die Waage im 16ten, der Skorpion im 22sten, der Steinbock im 3ten und der Mond der Venus gegenüber, im 3ten oder 4ten Scheine stehen, macht man aus dem schönsten Lasur einen großen Ring und grübt zwei sich umarmende Figuren darauf, deren eine ein Sträußchen Basilikon hält. An vier Orten durchbohrt man den Ring und steckt gelbe Stiftchen hinein, faßt ihn zu gleichen Theilen mit Silber und Gold ein und legt ihn in ein reines Glas, wo er sieben Nächte hindurch mit Ambra eingeräuchert werden muß. Wer einen solchen Ring besitzt, den lieben alle Weiber. (Nun Ihr feurigen Gesellen, wenn Euch des Goldschmieds Töchterlein nicht lieben will, so habt Ihr Anleitung, wie Ihr's machen müßt, um Gunst beim schönen Geschlecht zu erlangen.)
Endlich wollen wir bei Gelegenheit der Wunderringe auch noch des Feuerringes gedenken, der aus Elektrum, einem aus sieben Metallen, unter den erforderlichen Konstellationen der Gestirne zusammengeschmolzenen Metall gefertigt wird. Wer einen solchen Ring am Herzfinger (Goldfinger, der vierte) trug, der war gesichert gegen die fallende Sucht, gegen den Schlag, gegen böse Geister u.s.w.
Wir wollen uns nicht länger bei diesen mystischen Gebilden der Vorzeit aufhalten, vielmehr zur Beschreibung einiger historisch interessanter Ringe übergehen.
Gegen das Ende des 17ten Jahrhunderts verfertigte der Nürnberger Goldarbeiter Albrecht Göze einen dreifach ineinander verschlungenen Ring, dem er den Namen Dreifaltigkeitsring gab, welchen die, von anderen Künstlern, nach diesem Modelle gemachten Ringe auch behielten. Dieser Ring ist ein dreifacher Reif, nach beliebiger Größe, gefertigt aus Gold oder Silber, Elfenbein, Messing oder Buchsbaum, und zwar so künstlich, daß kein Ring den andern berührt, sondern daß alle drei gar künstlich ineinander verschlungen sind, ohne daß man eben begreift, wie es zugeht, weßhalb er auch, das große Geheimniß zu bezeichnen, der Dreifaltigkeitsring genannt wird (siehe Südens gelehrter Kritikus 1. Thl. S. 466). Der Nürnberger Goldarbeiter soll aber nicht der Erfinder davon gewesen sein, sondern der damals berühmte Mathematiker Scherer, ein Jesuit zu Ingolstadt. Zwei reisende polnische Edelleute, heißt es, hätten ihm den Ring Heuer abgekauft, mit nach Nürnberg gebracht und einem damals angesehenen Manne, Ferdinand Talienschker, als eine wundersame Erfindung gezeigt, und ihn gefragt, ob unter den künstlichen Nürnbergern wohl einer sei, der ihn werde nachbilden können? Dieser Mann fand sich wirklich. Johann Heel, Goldschmied zu Nürnberg [Man sehe weiter oben S. 109.], verfertigte im Jahr 1670 den Ring, für den er nicht mehr als den Weich des Goldes, 3 Gulden, nahm, wie er selbst erzählte. Ein anderer Nürnberger Künstler, Stephan Zick, ein Kunstdrechöler, machte den Ring aus Elfenbein für 6 Gulden. Gewöhnlich wurden diese Ringe von Gold oder Silber verfertigt und die größte Kunst bei dieser Arbeit besteht in der Löthung, die man nicht sehen oder bemerken darf. Die Benennung „Dreifaltigkeitsring" soll dieses Kunstwerkchen von dem bekannten Historiker Siegmund von Birken erhalten haben, der darauf mancherlei Gedichte gemacht hat, unter Anderm dieses:
Drei Ringe du in Einem stehst,
Und keiner rührt den andern an;
Da dieses (ob du dich bemühest)
Nicht dein Verstand erreichen kann:
Drum magst du dich der Frag' Verzeihen,
Wie Gott könn' Eines sein in Dreien.
Sonst aber pflegte auch der Ring der Dreifaltigkeitsring genannt zu werden, der ehemals bei der Krönung den Königinnen in Frankreich gereicht wurde mit den Worten: „ Nimm hin den Ring des Glaubens und das Zeichen der heil. Dreifaltigkeit, dessen Kraft dir gewähren wird, alle Ketzerei zu vermeiden und alle Heiden zur Erkenntniß der Wahrheit zu bringen." (Vide: cantinuat. Thuan. Hist. L. 3. p. 69. collat. cum Ceremon. Franc. P. I. p. 577.)
Zwei Ringe geschichtlich berühmter Menschen, über welche schon sehr viel geschrieben und gedruckt worden ist, die aber auch als Denkmale mittelalterlicher Goldarbeiterkunst im höchsten Grade verdienen beachtet zu werden, sind die Verlo, bungs- und Trauringe des großen Reformators Martin Luther und seiner Hausfrau Katharina von Bora. Es ist nicht genau festzustellen, welchen von beiden gleich ausführlicher zu beschreibenden Ringen Luther, welchen seine Ehehälfte getragen. Jedoch ist sowohl der in den Ringen sich aussprechenden Idee, als auch dem Umfange derselben nach zu vermuthen, daß der jetzt zuerst zu beschreibende der ist, welchen Luther trug, also von seiner Verlobten erhielt, und der zuletzt zu erwähnende der von Katharinen getragene ist.
Dr. Martin Luthers Ehering (annulus pronubus—von dem sehr Ausführliches in Bernouilli's Sammlung kleiner Reisebeschreibungen, 6r Bd., S. 106; in Chr. Junkers güldenem und silbernem Ehrengedächtniß Dr. M. L. und in Küsters Nachrichten von Luthers Verlöbnißringen, Berlin 1741, zu lesen ist), soll von dem hochberühmten Nürnberger Künstler Albrecht Dürer, der ein warmer Verehrer und treuer Freund des großen Reformators war, gearbeitet sein. Er ist eine der lieblichsten und sinnreichsten Erfindungen der Juwelierkunst und werth von geschickten Meistern nachgeahmt zu werden. Zu diesem Zwecke fügen wir eine genaue Abbildung desselben hier bei:
Wie sich aus derselben ergibt, ist es ein Doppelring, dessen etwas hoher konischer Kasten, in welchem ein Rubin und ein Diamant nebeneinander stehen, sich ebenso wie der Reif des Ringes theilt und innerhalb die Namen beider Verlobten, c. v. B. (Catharina von Bora) und M. L. D. (Martin Luther, Doctor), so wie den schönen Ehesegen: „ Was Gott zusammenfügt, soll kein Mensch scheiden," eingravirt trägt. Ineinandergefügt und am Finger steckend, zeigt sich der Ring ganz, wie er Fig. b abgebildet. Katharinens Ring tragt einen Rubin, das Zeichen warmer Liebe, und Luthers Ring einen feurigen, Funken sprühenden und harten Diamant, das Symbol der männlichen Kraft, Dauer und Treue. Abgezogen und auseinandergelegt, wie Fig. a, erscheinen die Namen und Inschrift.
Man kann in der That nichts Sinnreicheres und Lieblicheres als Unterpfand und Symbol der ehrwürdigsten Menschenverbindung, der Ehe, erfinden und denken als diesen Ring. Ob Luther selbst oder seine Hausfrau diesen Ring getragen habe, ob er nur allein oder zwei dergleichen existirt haben, ist unbekannt. Was das Wahrscheinlichste, davon soll, nachdem der zweite Ring ausführlich beschrieben, noch gesprochen werden. Wer ihn nach Luthers und seiner Ehehälfte Tode empfangen, davon weiß man nichts. Er erscheint zuerst im Jahre 1703 wieder, wo er vom König Friedrich August zu Polen und Churfürst zu Sachsen dem Herzoge Rudolph August zu Braunschweig und Lüneburg zum Präsent gemacht, von diesem Fürsten aber seiner der Universität Helmstadt geschenkten Bibliothek nebst Luthers Doktorring (von dem weiter unten auch noch kurz die Rede sein soll) mit einverleibt worden und wo er sich gegenwärtig in Kapseln aufbewahrt noch findet. Wie manche schöne, sinnreiche, selbst poetische Idee mit dergleichen Doppelringen und ihrer Zusammensetzung aus verschiedenen Edelsteinen ein geschickter und geschmackvoller Goldarbeiter ausführen könnte, ist leicht zu denken.
Der andere der beiden Ringe, dessen ebenfalls Küster in seiner obenerwähnten Schrift gedenkt und der im Jahre 1744 in der Gelehrten Leipziger Zeitung, S. 13, für den Preis von 1000 Stück Dukaten zum Kauf ausgeboten worden sein soll, ist noch ungleich künstlicher gearbeitet und in seiner Größe ein wahres Meisterstück der Gravirkunst. Auch von ihm geben wir eine ganz getreue Abbildung beikommend. Der ziemlich breite goldene Ring, von durchbrochener und erhabener Arbeit, besteht aus einem verzierten Hauptreife in der Mitte, auf welchem oben ein Rubin stehet, und zwei Nebenr eifen zu beiden Seiten, ebenfalls mit Figuren reich verziert. Diese drei Reife sind aber fest miteinander verbunden und keinesweges (wie der zuerst beschriebene Ring) auseinander zu nehmen. Der Hauptreif, welchen der in einen erhöhten Kasten gefaßte Rubin und dessen querbalkenartige Unterlage in zwei Hälften theilt, stellt in der einen Hälfte einen Baum vor, wie verschiedene Aeste unten und oben anzeigen, mit einem Querbalken, wie bereits erwähnt, so daß der Baum ein, der Natur des Ringes wegen, gekrümmtes Kreuz bildet, auf welchem die bis zu den Muskeln ausgearbeitete Figur des Gekreuzigten erscheint. Am Baume unten, dicht zu den Füßen Christi, befindet sich ein Würfel und weiter unten noch einer auf einem dreizackigen Instrument, welches höchst wahrscheinlich die drei Kreuznägel andeuten soll. Diese Würfel sind durch drei mit Punkten versehene Seiten als die der Landsknechte kenntlich gemacht, mit denen sie um die Gewände der Schächer spielten. — Die andere Hälfte des Hauptringes enthält, diesseits des Rubins, noch die obere Spitze des Kreuzbaumes mit Geäste, unter welchem, man die Kreuzesinschrift: J. N. R. J. (Jesus Nazarenus Rex Judaeorum) deutlich lesen kann. An die Spitze des Kreuzbaumes schließt sich in dieser andern Hälfte des Hauptringes die durch Gesims und Architektur kennbare, natürlich ebenfalls gekrümmte Säule der Geißelung oder Krönung an (vielleicht die, welche nach Chateaubriand in der Kirche des heiligen Grabes die Abyssinier bewachten). Diese Säule ist mit Stricken umwunden, an denen unten, wo der Ring zusammengeht, sich ein dritter Würfel befindet und oben eine Figur wie ein großer Hammer querüber gelegt ist. — Die Nebenreife werden in der einen Hälfte (dem Gekreuzigten zur Linken und Rechten) durch die zwei Marterinstrumente, Speer und Stange, an welcher der Essigschwamm befestigt ist, und von einer in entgegengesetzter Richtung der Hauptfigur liegenden Geißel oder Ruthe gebildet. Die andere Hälfte der Nebenreife, welche die Säule des Hauptreifes umgibt, stellt diesseits eine gekrümmte Leiter, die nach dem Kreuze zu geht, und jenseits ein kurzes Schwert oder Messer dar. Aus noch einer Figur, rechts vom Kreuze erkennt man einen Kopf mit einer spitzen Mütze, vielleicht das Bild eines der Knegsknechte. Inwendig im Hauptreif stehen die Namerk der Verlobten: D. Martinus Lutherus, Catharina v. Boren, und innerhalb des Nebenreifes, auf der inneren Seite des kurzen Schwertes, mit kleiner Schrift: 13.Juni 1525. Dieses ist das Datum der Verlobung und Verheiratung zugleich. Dieser Ring ward zu Ansang dieses Jahrhunderts der Tochter einer angesehenen Leipziger Familie bei ihrer Verheirathung von ihrem, im Auslande wohnenden Schwiegervater zum Geschenk gemacht. Er befand sich im Jahre 1812 noch in den Händen dieser Familie und die Zeichnung und Beschreibung desselben verdankt man C. A. H. Clodius in Leipzig [Curiositäten der physisch-literarisch-artistisch-historischen Vor- und Mitwelt, 2r Bd., 5s Stück (1812).].
Unseren Vorältern war übrigens der Trauring ein Heiligthum, das sie in hohen Ehren hielten. Ein alter Dichter singt davon:
Man gibt der ehelichen Lieb' zum Pfand Einen schönen Trauring an die Hand.
Ein gleichzeitiger Prosaist [Mich. Sax, Arcana annuli pronobi; d. i. Geheimniß und nütze Bedeutung des ehelichen Trauinges. Mühlhausen 1518. — 2. Auflage. Lübeck 1605.] aber sagt: „Es hat der Trauring viel seine christliche Deutungen und eröffnet viel schöne Geheimnisse des Ehestandes, der für den Menschen, als für die edelste Kreatur auf Erden, eingesetzt ist; denn wie Gold und Silber sind die edelsten Metalle, aus welchen die Trauringe verfertigt werden, so ist auch der Ehestand der ehrlichste und herrlichste der Stände. Von der Uebergabe des Ringes geht auch die Einhelligkeit des Herzens, Sinnes und Willens der Eheleute; aus des Goldes Reinigkeit aber gehet hervor die Reinigkeit der ehelichen Liebe. Daß dieselbe von Herzen gehen soll, so wird der Ring an den Herzfinger gesteckt. Und des Ringes ganzer Umfang soll zeigen die eheliche Gemeinschaft und ist ein Pfand und Zeichen der Herzensvereinigung! Des Ringes Rundung aber deutet auf die nie aufhörende Liebe der Eheleute, und wie Gold das Herz erfreuet und stärket, so soll der Ehestand auch sein, ein beglückender Freudenstand."
Endlich wollen wir in aller Kürze noch Luthers Doktorringes (annulus doctoralis) gedenken, von dem Oelrichs sagt [In Bernouilli's Sammlung kleiner Reisebeschreibungen. 6r Bd. S. 54.]: er sei so dick und groß, daß er denselben müsse am Daumen getragen haben. Bei theologischen Doktorpromotionen sei derselbe dem Kandidaten an den Daumen gesteckt worden. „Man sieht" — führt Oelrichs, fort — „oben auf diesem Ringe, in einer Einfassung, drei ineinander geflochtene Ringe, welche einer Rose gleichen, der wie bekannt sich anfänglich Luther als Wappen bediente; darüber sind die Buchstaben: M. L. D. und an der Seite die Jahrzahl 1512 zu sehen."
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