Ich versuche durch Frage / Test etwas einzugrenzen, um was es sich bei den dunklen Belägen handeln könnte.
Ein Problem, von meiner mangelnden Kompetenz ganz abgesehen, besteht darin, dass wir es hier mit weitgehend undefinierten Zuständen zu tun haben.
Das beginnt schon bei den Urmaterialien:
Du sprichst zwar von Natriumhydrogensulfat und Amidosulfonsäure, hebst aber gleichzeitig auf Fantasie-Markennamen ("Finocid"), ("Ph-minus") ab, bei denen man nicht weiß, was sonst noch so an Zuschlägen, Füll- / Stellmitteln etc. drin ist. Und Dein Mut, das Zeug einfach mal so zusammenzumixen, nötigt mir zwar einen gewissen Respekt ab, macht die Sache aber nicht leichter.
Aber selbst wenn wir da noch von Reinstoffen ausgehen:
Nachdem sie das erste mal als Beize gedient haben, sind Amidosulfonsäure-Lösung und Natriumhydrogensulfat-Lösung keine Amidosulfonsäure-Lösung und Natriumhydrogensulfat-Lösung mehr, insbesondere, wenn einem bei Letzterer
'siedendheiß einfällt', dass
"schon am Vorabend eine irgendwie schlappere Wirksamkeit der Beize" aufgefallen ist.
Vom Flussmittel wissen wir, dass die freiverkäuflichen im fraglichen Wirktemperaturbereich, z.B. das 'BrazeTec h' oder das 'F 300 H Ultra NT' auf
Fluorit- / Borat-Rezepturen basieren. Aber auch das zu lösende 'Flussmittel', ich sage mal die "Schlacke", ist nach dem Löten alles andere als Flussmittel.
Das dürften vorwiegend vom Flussmittel gelöste Metall(Cu)-Oxide und, wegen der Halogene im Flussmittel (hier Fluor / Flußsäure), sicher auch Silberverbindungen! sein und, soweit nicht beim Löten 'verbraucht', sicher noch Reste der Original-Bestandteile des Flussmittels, sprich Halogenverbindungen.
Dazu kommen nicht beim Löten gelöste Metalloxide (wie beim reinen Glühen) und sonstige Verunreinigungen, die unter Umgehung des 'Flussmittels' direkt von der Beize gelöst werden.
Das alles befindet sich in unterschiedlichen, weitgehend unbekannten Konzentrationen in Deiner 'Beize' und reagiert da miteinander und mit Deinen Werkstücken.
Ich wage nicht einmal näherungsweise zu raten, was in dieser Alchimistenbrühe an Reaktionen
möglich ist, viel weniger zu prognostizieren,
was tatsächlich passiert. Schon kaum beachtete Randbedingungen wie unterschiedliche Temperatur der Beize / der Werkstücke (z.B. wenn das gerade nochmal nachgelötete noch heiß war, die anderen schon abgekühlt) können das Resultat deutlich verändern.
Aber vielleicht kann man ja umgekehrt vom vom Verhalten der Reaktionsprodukte rückschließen, um was es sich bei den dunklen Belägen handeln könnte.
Bei Silber denke ich bei dunklem Belag spontan zunächst in drei Richtungen:- Schwefelverbindungen -> Silbersulfid (kaum wasserlöslich, nicht löslich in Ammoniak
*) )
- Silberhalogenide und daraus wegen deren Lichtempfindlichkeit folgend
-> elementares Silber
**)Deine Beobachtung, dass der braune Niederschlag sich auf Stellen mit ungelösten Amidosulfonsäure-Kristallen konzentriert, ist ad eins erwartbar: In der Umgebung der sich lösenden Körnchen ist die (u.a. Schwefel)Ionenkonzentration natürlich um ein Vielfaches höher als in der übrigen Lösung, ad zwei könnte das auf den Sulfid-Zweig hindeuten, da der Belag lt. Deiner Aussage auch in frischer Amidosulfonsäure-Lösung entsteht.
*)*) Entsprechend müsste der 'Vorab-Test' hier fehlschlagen. Dann sollte dieser Belag aber mit der bekannten Reduktionsmethode (Alufolie in Soda- / Kochsalz-Lösung) verschwinden.
**) In diesem Fall sollte der Belag bei längerer Lichtexposition nachdunkeln. (Wir erinnern uns: Es gab da mal vor Äonen eine Fotografiertechnik, heute liebe voll Analog-Fotografie genannt, die auf diesem Effekt basierte.) Bei dieser Technik benutzte man Natriumthiosulfat (Fixiersalz) oder entsprechende Ammoniumverbindungen um das Silberhalogenid aufzulösen. Sollte auch hier klappen. Bei einfacher Ammoniklösung (Salmiakgeit) bin ich da aber nicht sicher. Versuch macht kluch!
Bin leider hier etwas mager sortiert, was Chemikalien angeht und komme wohl vorerst nicht in die Werkstatt. Trotzdem kleines Schmankerl bzgl. Lichtempfindlichkeit / Nachdunkeln:
Habe mal zwei Silberschnibbel geglüht und einmal in schon mehrfach genutzte Beize auf Zitronensäurebasis . . .
. . . und einmal in dieselbe Brühe mit 'ner Prise Kochsalz (Natriumchlorid, NaCl): . . .
geworfen, in der Hoffnung, dass da etwas Silberchlorid, sogenanntes
Hornsilber [b]***) AgCl [/b]entsteht.
***)[Anmerkung]##(kommt sowohl als natürliches Mineral (Chlorargyrit) vor, bildet sich z.B. auch auf Silbermünzen als Bodenfunde in chlorsaurem Milieu als hartnäckiger Überzug und Ärgernis für fleißige Schatzsucher (wie etwa unseren Weserbergländer aus dem Schmelzofen-Thread.)
Dafür (besser: dagegen) wurde sogar ein spezielles Reinigungsmittel entwickelt: . . .
https://www.chema-shop.de/prestashop/pr ... roduct=127
. . . mit ausführlicher Anleitung:
https://www.chema-shop.de/Downloads/Pro ... l351-A.pdf
Das Zeug entsteht übrigens auch bei der bekannten Silberreinigung mittels Alu-Folie und Kochsalzlösung, wenn man's zu lange drin lässt. Daher besser Sodalösung nehmen.)##[/Anmerkung]Den zweiten Schnibbel habe ich zur "Belichtung" ohne irgendwelche Klimmzüge zur Abschirmung der Rückseite ein paar Stunden vor's Fenster gelegt. Unterschied ist gut mit bloßem Auge zu erkennen, für die Fotos habe ich bei beiden im gleichen Maße Gamma und Kontrast etwas angezogen um's deutlicher zu machen.
Unterseite:
Oberseite:
Na gut, die Auflösung ist als Filmmaterial vielleicht noch nicht ganz tauglich und die Belichtungszeit sicher nicht für Schnappschüsse geeignet, aber als Detektor für Silberhalogenide: probatum est
Und Btw: Ich will Dir ja gar kein schlechtes Gewissen machen, aber . . .
El Kratzbürscht hat geschrieben:[...]
Ich hab sowohl den Entkalker als auch das gemischte Swimmingpoolwasser am Kursende ohne schlechtes Gewissen entsorgt.
[...]
. . . vielleicht hast Du's nach obigen Ausführungen schon geahnt: Das sind weder Entkalker noch Swimmingpoolwasser, sondern, je nach Gebrauch mehr oder weniger konzentrierte Lösungen von Schwermetallsalzen.