Ein fröhliches Hallo an die Runde!
Ich lese hier die ganze Zeit still im Hintergrund mit. Abgesehen einmal von den politischen Einlassungen, finden die meisten der Argumente meinen Zuspruch. Klassenkampf sollte aber außen vor bleiben. Heinrich hat meine Motivation als Ausbilder, bereits genau beschrieben. Auch ich bin einer der ausbildet, weil er anders keine Leute bekommt. Jedenfalls keine die was können (was sehr selten ist) und überhaupt keine die arbeiten wollen. Herumspielen, sich selbst verwirklichen, den Tag auf angenehme Weise , teils im Fachgespräch, teils mit anderen, angenehmen Tätigkeiten verbringen, dafür gibt es genügend Anwärter. Ich habe in den vergangenen 41 Jahren in ununterbrochener Folge Leute beschäftigt, ich weiß wovon ich rede, oh ja!
Und von meinem Gedächtnis habe ich auch noch einen Rest erhalten. Ohne jemand auf die Socken steigen, oder auf den Schlips treten zu wollen: Schulische Ausbildung? OHHGOTTOGOTT! Bei mir waren das alles Leute, deren erfolgreichster Lernerfolg die Verinnerlichung jener gewissen Unverschämtheit war, ohne die es im Kunstbetrieb nun mal nicht geht. Aber was soll ich mit Heißluftverkäufern? Klar ist es schön, wenn jemand eine Feder aufblasen kann, und arrogantes Auftreten wirkt immer so elitär
Aber was ich in einem gestandenen Handwerksbetrieb damit sollte, habe ich nie ergründen können. All die verkrachten Goldschmiede die es unter den schulischen Ausbildern gibt, haben anscheinend ihre einzige Fähigkeit gut weiter gegeben.
Dass Lehrlinge verschlissen werden, wenn sie Reparaturen machen, bezweifele ich ganz entschieden. Die schlechteste praktische Prüfung die jemals ein Lehring von mir gemacht hat, war eine Drei im Praktischen und eine Drei im Theoretischen. Dafür hatten wir andererseits aber schon etliche Einser. Und ich habe meine Lehrlinge immer Reparaturen machen lassen. Was spricht eigentlich dagegen? Ein guter Reparateur ist ein Künstler! Er kann wirklich alles und nicht nur "den eigenen Duktus"(weil er sonst nichts kann). Zusammengekleisterte und vermurkste Schmuckstücke kenne ich vorwiegend von "erstklassigen Fachleuten mit gehobenem Anspruch", die bar jeglicher Reparatur-Erfahrung und mit angeekelem Gesichtsausdruck und ohne jede Moral, an derart niedere Arbeiten heranghehen.
Im Zeitalter der rasant fortschreitenden Technik, der Billig-Importe, der Geldknappheit und dem zunehmenden Werteverlust, werden sich vor allem die "besseren" Kollegen gewaltig umstellen müssen. Was den Goldschmieden im Angesicht der immer besser werdenden ausländischen Billig-Konkurrenz bleiben wird, das sind nicht etwa die überkommenen Tugenden alter Lehrmeister. Es wird zukünftig keine Rolle mehr spielen mit wie wenig, oder mit welch primitiven Werkzeug ein meisterliches Stück entsteht! Ich habe viele Ateliers kennen gelernt, in denen nicht das Nötigste Werkzeug vorhanden war, vor der Tür jedoch eine Nobelkarosse neuester Bauart prunkte.
Was den Goldschmieden wohl bleiben wird, ist einmal der Reparaturbereich, denn noch reparieren die Chinesen viel zu schlecht und sie sind auch viel zu weit weg. Weiterhin bleiben, wird die Freude am Beruf die man empfindet, wenn man mit der Hände Arbeit ein schönes Teil gefummelt hat. Sehr erbaulich und so teuer, dass man es eigentlich besser gleich verschenken sollte, anstatt sich gegenüber fehlerfreier, preiswerterer Importware ins Hintertreffen zu setzen. Was weiterhin bleiben wird, sind die modernen, Rechnergestützen Techniken, mit denen man auch Importen aus Billigländern die Stirn bieten kann (wenn man denn will), denn sie machen nicht nur vielseitiger, sondern auch besser und billiger. Und nicht zuletzt auch kreativer. Ein CAD- entwickeltes Schmuckstück kann, wenn es gut gemacht ist, in jeder Liga antreten! Was noch bleiben wird, ist der heute standardmäßige Qualitäts- Guss., Mit dieser Technik lassen sich schnell, hochwertig und rationell Produkte herstellen. Last not least, bleibt das Fassen, Zargen, Krappen, Verschnitt, Paveé. Weiterhin die Edelmetall-Galvanik.
Die genannten Bereiche werden mit Sicherheit erhalten bleiben und sind auch künftig in keiner Weise existenzgefährdet. Verbindet man diese Fähigkeiten mit designerischem Geschick, kann ich auch heute noch jungen Menschen zu unserem schönen Beruf raten.
Und die Ausbilder müssen sich fragen lassen: Was tut ihr, um junge Menschen als zukunftssichere, zukunftsfeste Fachleute heran zu bilden??? Die Zeit ist vorbei, in der man mittels einer alten Feile, ein paar Zangen und einem rostigen Nagel Juwelen erschuf! Heute zählt professionelle Technik, professionelles Können auch und gerade, im Umgang mit zeitgemäßer Technik!
Unsere Lehrlinge bekommen nicht nur ihr Fahrgeld zurück, sondern sie lernen auch Reparaturen, sie lernen alle Techniken die in der knappen Zeit vermittelbar sind, sie erlernen ferner den Umgang mit CAD.Programmen professionell, sie lernen den Umgang mit Differenzdruck-Gießanlagen, Vacuumgießanlagen, Schleuderguss-Gießanlagen, Kokillen- High-speed-Guss, sie lernen mit Ossa-Sepia Formteile in wenigen Minuten einwandfrei zu kopieren, sie lernen Sandguss, und den so gen. "Kartoffelguss", mit seinen unglaublichen Resultaten. Sie lernen die Verwaltung unseres Betriebes kennen, alle vorkommenden Büroarbeiten (außer FiBu), sie lernen unsere Lieferanten kennen und korrespondieren mit ihnen, telefonieren höchst professionell, sie machen Bestellungen, odern Edelmetalle... Kurz, wenn unsere Lehrlinge ihre dreiundeinhalb Jahre um haben, sind sie ausgebildete Fachleute!!!
Dabei ist es mir eigentlich vollkommen egal wie sie die Prüfungen bestehen, denn ich will und werde sie weiterbeschäftigen. Leider haben die meisten dann jedoch andere Pläne und gehen nach Amerika als Fasser oder nach Süd-Afrika. Sogar in China waren wir solcherart schon vetreten.
Der Betrag ist mal wieder monsterlang geworden, aber das musste einfach mal gesagt werden